„Niemand liest deine Bücher? Du befindest dich in guter Gesellschaft!“ Die tumblr-Seite Writers No One Reads präsentiert Autorinnen und Autoren, die zu unrecht in Vergessenheit geraten sind.
Was bedeutet eigentlich die Kategorie „Bestseller“? Heißt das, wirklich viele Menschen haben ein bestimmtes Buch gelesen? Ist es dadurch relevanter als ein Buch, das in den Regalen der Buchhandlungen versauert? In seinem Artikel auf der Homepage Literary Hub entzaubert Stephen Sparks den Mythos des Bestsellers gleich im ersten Absatz. Am Beispiel des meistverkauften Buchs der englischsprachigen Welt im letzten Jahr, „Killing Patton“ von Bill O’Reilly and Martin Dugard, macht er klar: eine verkaufte Auflage von 1,19 Millionen Exemplaren bedeutet, dass nur 0,17 Prozent der Weltbevölkerung das Buch gekauft haben. Wie gesagt, gekauft – und wie viele von ihnen haben es wirklich gelesen?
Stephen Sparks argumentiert aus Überzeugung gegen den Bestsellerwahn, schließlich ist er einer von drei Autoren der tumblr-Seite Writers No One Reads – zu deutsch: Schriftsteller, die niemand liest. Die von dem Blogger Will Schofield ins Leben gerufene Homepage stellt Autorinnen und Autoren vor, die vergessen, verkannt, wenig übersetzt oder nicht mehr auf dem Buchmarkt erhältlich sind. Unter dem Motto „Niemand liest deine Bücher? Du befindest dich in guter Gesellschaft!“ macht die liebevoll zusammengetragene Sammlung deutlich, dass Erfolg kein Maßstab ist. Und hat wiederum selbst damit überraschenden Erfolg, gemessen zumindest an den Rückmeldungen auf der tumblr-Seite.
Writers No One Reads ist auf den englischsprachigen Buchmarkt begrenzt, die Bandbreite der literarischen Schätze, die hier gehoben werden können, scheint dennoch endlos zu sein. Wer kennt den japanischen Science Fiction-Autor Kiodomari Allan alias Yukie Mizushima? Warum wurde die französische Post-Surrealistin Liliane Giraudon nie ins Deutsche übersetzt? Wie konnte die Exilautorin Marianne Hauser komplett in Vergessenheit geraten? Die hier versammelten Namen und Bücher werfen viele Fragen auf.
Writers No One Reads ist ein Paradebeispiel für eine passioniert erarbeitete alternative Literaturgeschichte, wie sie nur das Internet bieten kann. Natürlich ist die Auswahl sehr subjektiv. Stephen Sparks, der in seinem Literary Hub-Artikel auch gleich eine Liste von zehn fast vergessenen, aber zumindest auf englisch noch erhältlichen „verlorenen Büchern“ präsentiert, macht das unumwunden klar: „Einige verdienen es auch, vergessen zu werden.“ Diese hier sicher nicht. Wer Lust auf Entdeckungen hat, findet hier ungeahnte Kostbarkeiten.
Danke auch für die Links – wahre Fundgruben (wobei ich immer dachte, die beiden Bowles werden gelesen…aber auch da gibt es eben Täuschungen).